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Rennbericht Challenge Prag Mitteldistanz

Donnerstag, 25.07.2019.

Feierabend um 12:30 Uhr, noch schnell das restliche Zeug gepackt und dann ging es auch schon los nach Allershausen, wo wir uns mit Tom, seiner Mama und Tanja trafen. Getankt, Verpflegung gekauft und ab ging die Reise nach Prag. Bis auf ein wenig Stau kamen wir relativ gut und entspannt durch. Und wir hatten einen schönen Sonnenuntergang. Das macht sich immer gut auf Fotos!

Freitag, 26.07.2019

Streckenbesichtigung

Der Tag vor dem Rennen. Es sollte ein ganz schön anstrengender und stressiger Tag werden. Wir fuhren relativ früh aus Prag raus, um eine Runde der Radstrecke abzufahren. Das war notwendig, denn zwei Wochen vor dem Wettkampf hat der Veranstalter plötzlich eine komplett neue Radstrecke veröffentlich, welche – Überraschung – mehr als doppelt so viele Höhenmeter innehatte. Dabei hatte ich mich bei der Wettkampfplanung für 2019 extra für Prag entschieden, weil die ursprüngliche Radstrecke fast komplett flach war und nur einen kleinen Anstieg in der Mitte hatte. Da fängt er schon an, der Satz mit X.

Die neue Radstrecke führte über einen 6 Kilometer langen Anstieg aus Prag heraus bis zur Ortschaft Ořech (deutsch Worschech). Von da an fahr man zwei wellige Runden a 25km. Wir wollten diese 25km Runde abfahren, um ein wenig Streckenkenntnisse sammeln und die Einheit gleich als Vorbelastung für den Wettkampf nutzen zu können. Der 25km Rundkurs war als 18km Runde ausgelegt, die um je zwei Wendestrecken erweitert wurde und von denen man je 1,7km in die eine Richtung fahren musste, um dann nach einer 180 Grad Wende wieder die 1,7km zurückzufahren. Während wir die Strecke so abfuhren, fiel mir auf, wie unglaublich schön die Strecke landschaftlich war. Man kam durch kleine Ortschaften mit richtig schönen Häusern und ich dachte mir, dass ich hier unbedingt mal mit Laura hin müsse, wir beide schauen uns unglaublich gerne schöne Häuser an. Und dass die Strecke echt richtig gut rollte, der Belag war bis auf wenige Stellen meist sehr gut und definitiv nicht schlechter als bei uns Zuhause. Achtung, bitte diesen Satz merken, der hat später beim Rennbericht noch Relevanz.

 

Startunterlagen und Wettkampfbesprechung

Wieder im Hotel angekommen, machten wir noch einen kurzen Mittagschlaf, um uns dann auf ins Geschehen zu stürzen. Essen, es gab Spaghetti Bolognese, nochmal Essen, Schwimmstrecke besichtigen und kurz Testschwimmen, die Startunterlagen abholen und der Wettkampfbesprechung zuhören stand auf dem Plan.

Im Internet und in Foren habe ich die Geschichten der 16 Grad kalten Moldau schon oft gelesen und ich konnte mir nicht richtig vorstellen, dass es wirklich so kalt sein konnte. Mein kältestes Schwimmen bisher war in Schongau bei 17,8 Grad und das war schon sehr frisch. Umso erfreuter war ich dann, dass die Moldau zwar frisch, aber weit weg von einem gefühlten Kalt war. Das Einschwimmen lief gut, nur über das extrem dreckige Wasser war ich etwas verwundert. Ich bin schon oft in dreckigem Wasser geschwommen, aber in Prag war es das erste Mal, dass das Wasser nicht braun oder grünlich war, sondern komplett gelb. Die Sicht unter Wasser betrug in etwa eine halbe Armlänge, meinen Ellbogen konnte ich gerade so noch sehen. Das machte mir etwas Sorgen, weil ich im Wettkampf auf jeden Fall versuchen wollte, einen Vordermann zu finden und zu halten, um in dessen Wasserschatten schwimmen zu können und bisher habe ich das nur geschafft, wenn ich die Füße vom Vordermann auch unter Wasser gesehen habe.

Alles in allem war es ein sehr anstrengender Vor-Wettkampftag. Wir standen sehr viel auf den Beinen, wir waren viel in der Sonne und sind auch sehr viel gegangen, obwohl ich von Beilngries 2017 wusste, dass so etwas immer blöd enden kann.

Samstag, 27.07.2019 – Renntag

Gundulas erste Sprintdistanz

07:20 Uhr – Der Wecker klingelte, auf zum Frühstück. Ich habe es tatsächlich geschafft, 2 Semmeln mit Marmelade zu essen und da bin ich schon sehr stolz drauf. Ich, als jemand, der bis zu 3h nach dem Aufstehen fast nie etwas essen kann, komplett unabhängig davon, ob ich arbeite, es Wochenende ist oder ein Wettkampf ansteht. Danach haben wir noch einmal unsere Beutel geprüft, ob wir unsere Sportsachen richtig verteilt und gepackt haben und dann haben wir uns schon auf den Weg zum Sportgelände gemacht. Dieses war angenehmer Weise nur wenige Minuten vom Hotel entfernt.

Ja, ihr seht richtig. Die Frau im blauen Einteiler ist nicht irgendwer, das ist Tom Freitag seine Mama, die tatsächlich ihren ersten Triathlon absolviert hat und im Zieleinlauf sehr froh und glücklich war, das Ziel in der Zeit erreicht zu haben.

Kurze Vorgeschichte dazu: Ein paar Tage vor dem Wettkampf habe ich gesehen, dass es für diese Distanz – eine Sprintdistanz mit 380m Schwimmen, 18km Radfahren und 4,5km Laufen – ein Zeitlimit von 1:30h gibt. Also fing ich an zu rechnen, wir schnell man denn sein müsste und habe das mit Tom besprochen. Der wollte es aber nicht seiner Mama sagen, um ihr verständlicher Weise nicht noch mehr Druck zu machen, als man ihn nicht eh schon vor seinem allerersten Triathlon hat. Während wir freitags beim Essen saßen, erzählte sie plötzlich selbst von ihren Sorgen um das Zeitlimit und ich dachte erst erschrocken, Tom hätte es seiner Mama doch erzählt. Es stellte sich heraus, dass sie diese Info selbst gefunden hat. Nach dem Rennen stellte sich erfreulicher Weise auch heraus, dass es gar keinen Grund für die vielen Sorgen gegeben hat, beispielsweise, dass das Brustschwimmen im Neo gar kein wirkliches Problem war und dass das Radfahren richtig Spaß gemacht hat. Knapp 28km/h ist sie gefahren und war richtig froh darüber. Was ich absolut nachvollziehen kann, ich weiß noch, wie happy ich war, als ich die ersten Male über 25 Km/h im Schnitt auf dem Fahrrad gefahren bin.

Meine 2. Mitteldistanz – Challenge Prag

Sehr verehrte Damen und Herren, und nun zum Wetter. Tag für Tag gab es neue Wetterberichte, von 35 Grad über Regen mit möglichen Gewittern bis hin zu 25-30 Grad und Wind am Wettkampfmorgen. So machten wir uns um 11:45 auf zum Schwimmeinstieg, von wo aus wir um 12:15 Uhr ca. 100 Meter zum Startblock im Wasser schwimmen mussten.  Wir, das waren 194 Männer im Alter zwischen 18 und 34 Jahren. Wie vor jedem Triathlon machte ich mir große Sorgen um das Schwimmen. Doch dieses Jahr war die Sorge um den sportlichen Aspekt beim Schwimmen, also meiner tatsächlichen Schwimmleistung und Zeit, nicht vorhanden, was nicht zuletzt an der Schwimmzeit von 26 Minuten bei der Kurzdistanz in Karlsfeld lag, welche mir extrem viel Selbstbewusstsein gab. Aber nichts desto trotz trug ich ja weiterhin Kontaktlinsen und so hatte ich wieder Angst, dass meine Schwimmbrille nicht dicht hielt und mir Wasser ins Auge lief. Das ist vor jedem Schwimmen mein absolutes Horrorszenario.

An der Startlinie im Wasser angekommen, kurz vor dem Startschuss, gaben wir Schwimmer bestimmt ein lustiges Bild ab. Fast alle hielten den Arm mit ihrer Sportuhr hoch aus dem Wasser, um ja ein GPS-Signal zu haben, so dass das Schwimmen nach dem Startschuss richtig aufgezeichnet wurde. Ich fragte die Sportler neben mir, welche Zeit sie sich vorgenommen haben. Das mache ich eigentlich immer, um zu sehen, ob ich mich richtig eingeordnet habe oder zu weit vorne oder hinten stehe. Beides ist schlecht, denn wenn ich zu weit vorne bin, dann schwimmen die schnellen Schwimmer auf mich auf und drücken meine Füße / mich unter Wasser, um an mir vorbeischwimmen zu können. Bin ich zu weit hinten, habe ich die langsamen Schwimmer vor mir und muss irgendwie schauen, dass ich an denen vorbeikomme. Doch dieses Mal war es super, denn die Gruppe um mich herum hatte 35-37 Minuten geplant und hinter mir war bis auf 2-3 Personen niemand mehr, besser geht es kaum.

12:20 Uhr, Startschuss. Es galt, erst 200m in Richtung der Brücke der Legionen zu schwimmen, um von dort dann einmal im Uhrzeigesinn um die komplette Schützeninsel zu schwimmen:

Das Schwimmen begann mit einigem Gehaue. Es war sehr eng und niemand schien zu versuchen, etwas Platz zu machen. Besonders schlimm war das bei der ersten Boje, wo man 90 Grad nach links drehen mussten. Hier kamen Schwimmer, wie ich, relativ mittig zur Boje, die Schwimmer von rechts außen drängten sich nach innen und die Schwimmer, die links neben uns auf die Boje zu schwammen, aber rechts an der Boje vorbei mussten, quetschten sich auch noch irgendwie durch. Das gleiche Prozedere dann übrigens 100m weiter bei der nächsten Boje, die den Beginn der großen Runde einmal um die Insel einläutete.

Ab hier wurde es deutlich ruhiger. Ich fand einen Schwimmer vor mir, der in etwa mein Tempo schwamm und ich versuchte, immer hinter ihm zu bleiben, um Kraft im Wasser zu sparen. Die Orientierung funktionierte super und ich konnte innerlich richtig aufatmen, dass es genauso lief wie erhofft. Meine Brille hielt komplett dicht, ich schaute automatisch und ganz unbewusst alle 3-4 Züge nach vorne, einmal zur Orientierung und einmal eben, um meinen Wasserschattenspender nicht zu verlieren. Ab und zu geschah es dann doch und mein Vorschwimmer war plötzlich 10-15 Meter vor mir, diese Lücke konnte ich aber jedes Mal wieder sehr schnell schließen.

Eine etwas störende Besonderheit gab es dann dennoch auf den letzten 200-300 Metern. Da war nämlich plötzlich ein Rückenschwimmer rechts neben mir. Ja, Rücken. Bei meinem Tempo, das inzwischen auch nicht mehr das allerlangsamste ist. Hut ab dachte ich mir da, das muss man auch erstmal schaffen. Anfangs gingen mir Gedanken durch den Kopf wie „Er müsse sich etwas erholen oder beruhigen und hat deswegen auf Rückenschwimmen gewechselt“, aber nach und nach merkte ich, dass er wirklich die gesamte Schwimmstrecke so schwimmen wollte. Nervig war dabei jedoch sehr, dass er sich nicht gut orientieren konnte und mir auch öfters in die Bahn schwamm. Also beschloss ich auf den letzten 200 Metern, nochmal schneller zu schwimmen, damit der mir nicht meine gerade Linie Richtung Schwimmausstieg ruinierte, indem er mich abdrängte.

Nach 35:28min war ich aus dem Wasser und nicht halb so außer Atem wie in Karlsfeld. Was so ein Wasserschatten alles ausmacht. Auf dem Weg zur Wechselzone standen Laura, Tanja und Gundula und ich fragte, wieviel Rückstand ich auf Tom Freitag hatte. Riesig gefreut hatte ich mich, als ich hörte, dass ich vor ihm aus dem Wasser bin – wenn auch nur den Bruchteil einiger Sekunden.

Also ab durch die Wechselzone. Das war mein allererster Wettkampf, wo mein Wechselzeug, also Radschuhe und Helm bzw. Laufschuhe nicht am Wechselplatz standen, sondern man diese in unterschiedliche Beutel packte. Vor dem Wechselzelt, wo man sich umzieht, sind diese Beutel auf einer langen Stange aufgereiht und man muss erst den Beutel mit seiner Nummer suchen, bevor man ihn nehmen und sich umziehen kann. Das hat in Summe sehr gut funktioniert und ich war nach nur 5:14min auf dem Rad.

Manch einer mag sich jetzt fragen, wie man bei einer Wechselzeit von 5:14 von „nur“ sprechen kann. Nun ja, Prag schimpft sich eventuell auch „die längste Wechselzone Europas“, denn man muss erstmal 150m vom Schwimmausstieg zum Wechselzelt laufen, dann von unten die Treppe hoch auf die Brücke besteigen und dann einmal komplett über die Brücke drüber. Sehr gut war, dass ich mit meiner Startnummer 258 relativ nah am Ausgang stand und das Fahrrad nicht so weit schieben musste, bevor ich an der Markierung aufsteigen durfte. Und los ging die Radfahrt. Für mich galt es 90 wellige Kilometer zu fahren, während unsere Supporter nun 3h Langeweile überbrücken durften.

Knapp 3 Stunden später. Das war ich also, Kilometer 88 der Radstrecke und vollkommen am Ende. Was war passiert?

Vor der Radfahrt:

Und so geschah es dann auch. Bei meinen Trainings hat das Trinksystem vorne am Lenker immer gereicht und ich hatte das ganze Jahr lang auch bei starker Hitze keine zusätzliche Trinkflasche hinter dem Sattel. Ebenso bin ich das ganze Jahr auf dem TT mit Aerohelm gefahren, vor allem eben auch, um zu schauen, wie gut ich bei der Hitze mit der Belüftung am Helm klar komme. Und im Training standen alle Lampen auf Grün, alles hat gut funktioniert. Was war also passiert?

Kilometer 11,4 – 18:20min nach Beginn der Radfahrt. Bis hierhin lief alles super, es rollte gut, die Atmung war ruhig und gleichmäßig und es ließ sich auch sehr fair fahren, wir waren relativ wenige Radfahrer und hinter uns war eine große Lücke von einige hundert Metern. Ich wollte kontrolliert anfahren und bin in dieser Zeit genau 200 Watt Normalized gefahren. Ich hatte Durst und trank nach Gefühl und ich nahm auch ein paar Schlucke Gel zu mir. Alles hat sich richtig gut angefühlt.

Etwas später fing er an, der knapp 8 Kilometer lange Anstieg. Ich wusste, dass der Anstieg sehr wenig Prozent Steigung hatte und man keine sehr steilen Stücke befürchten musste und genau so war es auch, man konnte sehr kontrolliert hochkurbeln. Und dabei trinken. Also setzte ich mein Visier ab, genoss die ganz leichte Brise Luft, denn bei gefühlt 5 km/h Geschwindigkeit kann man nicht von Gegenwind reden, und trank innerhalb kürzester Zeit mein komplettes Wasser leer. Mit 5 Schlucken. Zumindest hat es sich so angefühlt.

Da war ich nun also, mitten im Anstieg, kein Trinken mehr, kein Fahrtwind zum Kühlen, die Sonne brannte von oben herunter und wurde durch den inzwischen komplett erhitzten Asphalt auch schön reflektiert. Wir hatten 29 Grad. Ich hatte Durst. Und wie ich Durst hatte. Und wie ich mich verfluchte, übrigens das erste von unzähligen Malen während dieser Radfahrt, dass ich keinen Flaschenhalter hinter dem Sattel hatte. Der lag Zuhause in Deutschland und lachte sich bestimmt ganz dreckig ins Fäustchen, genauso wie 2017 in Beilngries, wo ich genau das gleiche Schicksal erlitten hatte, den Flaschenhalter hinterm Sattel zuhause ließ und komplett vertrocknete.

Aber gut, die Verpflegungsstelle sollte bei Kilometer 20 kommen. Das merkte ich jedoch erst, als diese quasi neben mir und nicht mehr weit vor mir war. Dank geht raus an die Aeroposition, Blick immer schön nach unten bzw. 5m vor dem Rad und man sieht nicht viel von vorne. Also fuhr ich viel zu schnell auf die Verpflegungsstelle zu und hatte mich auch noch gar nicht eingereiht in die Gruppe der Radfahrer, die etwas trinken wollten. Und hatte folglich auch nicht gerade wenig Radfahrer zwischen den Trinkflaschen und mir. Und da ist er wieder, der Satz mit X, Trinkflasche mit Wasser gab es nicht. Hier muss ich mir vorher deutlich mehr Gedanken über den Ablauf und die Logistik machen. Das war erst mein zweiter Wettkampf, wo es überhaupt Verpflegungsstellen auf dem Rad gab und ich war demnach sehr unerfahren, wie man das so anstellt.

Abgehakt, weiterfahren, sind ja „nur“ 20 Kilometer bis zur nächsten Stelle. Die gingen irgendwie rum und bei der Verpflegungsstelle bei Kilometer 37 hatte ich sie endlich in der Hand, die langersehnte Wasserflasche. Und jetzt nichts wie rein in das Trinksystem, die Trash Zone, also der Bereich vor und nach einer Verpflegungsstelle, an der man seine Trinkflasche noch abwerfen konnte, ohne eine Zeitstrafe wegen Müllverschmutzung durch Flaschen-Wegwerfen zu bekommen, war gefühlt sehr kurz. Und so drückte ich das Wasser so schnell in das Trinksystem, wie es eben nur ging. Mit dem Ergebnis, dass mehr als die Hälfte wieder herauslief. Wie konnte das denn wieder sein?

Damit mein Trinksystem noch aerodynamischer ist und so noch 0,0000351 Watt spart, ist es zwischen die Stege von den Aerobars am Lenker integriert. Damit das funktioniert, besteht mein Trinksystem am Lenker nicht mehr aus einem Teil, sondern aus zwei Teilen, die man zusammensteckt. Das große vordere Stück ist quasi der große Wassertank, das hintere Element ist dafür da, um das Wasser einzufüllen. Blöd nur, wenn das Verbindungsrohr in der Mitte so klein ist, dass das Wasser nicht halb so schnell in den Tank fließt, wie man es oben reinkippt und folglich sehr viel oben einfach wieder raus läuft. Das ist mir nie aufgefallen, weil ich das Trinksystem bisher nie unter Zeitdruck befüllt hatte. Nur sorgte das dafür, dass mein Trinksystem nach dem Auffüllen nur ca. 1/3 befüllt war. Und das bisschen war beinahe sofort wieder getrunken.

Und so musste ich mich bis Kilometer 60 schleppen, 50 Kilometer mit beinahe keinem Trinken. Ich fühlte mich wie bei der Blutspenden-Szene im Film Hot Shots – Klassiker Rechts:

via Gfycat

Erschwerend kam hinzu, dass ich auf den 50 Kilometern ohne Trinken auch fast kein Gel zu mir genommen habe, da ich mich nicht traute, das hochkonzentrierte Gel ohne Wasser zu trinken. Das Wasser ist dringend notwendig, um dieses Konzentrat um Bauch wieder etwas zu verdünnen, sonst grüßen die Magen- und Darmprobleme und der Körper kann das Konzentrat nicht verarbeiten. Dazu kommt, dass man das Defizit an Energie später nicht durch Mehr-Energie wieder gutmachen kann, da der Körper so viel Energie pro Stunde schlicht nicht verarbeiten kann. Nachdem ich so viel Durst hatte, fuhr ich die Verpflegungsstellen bei Km 60 und 71 so langsam durch, dass ich beinahe 2 Flaschen pro Verpflegungsstelle komplett leer trank. Das hat zwar zu einem gefüllten Bauch geführt, viel besser ging es mir aber nicht und so rollte ich komplett entkräftet die letzten Kilometer Richtung Wechselzone 2, sichtlich geschwächt von der Radstrecke, die ich am Vortag noch als gut rollend empfunden hatte. Bestimmt ist die Radstrecke auch weiterhin gut rollend, vorausgesetzte natürlich, sie ist nicht wie im Wettkampftag in der Mitte durch Hütchen getrennt, damit man Hin und Rückweg auf einer Straße hat. Das war bei den Abschnitten mit 180 Grad Wende der Fall und das hat mich fast zum Ausrasten gebracht. Am Vortag hatte man viel Platz auf der Straße und konnte mittig auf dem guten Asphalt fahren. Am Wettkampftag musste man komplett rechts am aufgeplatzten Asphaltrand fahren, da man ja die Mitte für überholende Radfahrer freihalten musste. Und dazu kam noch die Kunst, den verteilten Flaschen auszuweichen, welche die Radfahrer vor mir bei all den Schlaglöchern verloren hatten. Komplett genervt von der nötigen Haltearbeit, um nicht vom Rad zu fallen, kam ich zurück und hatte in Summe weniger als die Hälfte meiner Verpflegung auf dem Rad getrunken. Juhu, nicht.

Und dann ging es auf zum Laufen. Hier machte ich gleich den nächsten Fehler und zwar schon in der Wechselzone. Tanja gab mir vor dem Rennen 2 Salztabletten, eine für das Trinken auf dem Rad und eine Tablette für den Lauf und die Lauftablette wollte ich dann direkt in der Wechselzone nehmen. Salztabletten sind hilfreich für den Elektrolyte-Haushalt, weil man bei heißen Tagen mehr schwitzt und folglich viel mehr Salz aus dem Körper verliert. Nachdem ich die aber noch nie genommen hatte, wusste ich nicht ob man diese zerkaut oder herunterschluckt und so zerkaute ich diese erst und hatte dann den Mund voller Salz. Klasse, also doch noch runterschlucken. Also mit salzigem Mund ab zum Lauf. Ich hatte ursprünglich geplant, dass mit etwas Glück ein 1:45er Halbmarathon drin sein sollte. Mit den Problemen auf dem Rad war aber schnell klar, dass ich das komplett vergessen konnte. Aber vielleicht könnten ja so unter 5:20min/km drin sein. Dachte ich mir. Ganze 2 Kilometer lang. Dann kam der totale Einbruch, ich nahm immer mehr Tempo raus, war aber sehr kurzatmig und es wurde nicht besser. Klares Zeichen von: Keine Energie mehr im Körper.

Der salzige Mund tat sein Übriges und so trank ich nach 700m Laufen bei der ersten Verpflegungsstelle gleich mal 3 Becher Iso. Sehr clever. Nicht. Ich lief also weiter, der Bauch von der Radfahrt und den 3 Bechern komplett voll, der Körper energetisch ansonsten komplett leer.

Und dann begann die 15 Kilometer währende Lovestory, Taschentücher bereithalten! Nach kurzer Zeit bemerkte ich einen Läufer vor mir, der mein Tempo lief und das gab mir den dringend notwendigen mentalen Halt, dass ich weiterlaufe und nicht stehen bleiben. Und so blieb ich an seinen Fersen und lief ihm hinterher, immer nur die Füße im Blickfeld. Bis zu einer Steigung, bei der er plötzlich anfing zu gehen. Der Beginn eines halben Nervenzusammenbruchs bei mir. Mir gingen folgende Gedanken durch den Kopf: „Verdammt, der kann jetzt nicht gehen, ich brauch einen Vordermann zum Hinterherlaufen“ und „Wenn der jetzt geht und ich allein weiter muss, dann fang ich an zu gehen“. Also klopfte ich ihm auf die Schulter und sagte auf Englisch „Come on, don´t walk, keep on going with me, run slowly“, also „Weiter gehts, nicht gehen, versuch mit mir zu laufen, wir machen langsam“ und tatsächlich, er watschelte mir langsam den Anstieg hinterher. Immer wieder drehte ich mich zu ihm um. Zum einen, um zu schauen, ob er noch da ist und zum anderen, um ihm zu signalisieren, dass ich quasi „nach ihm schaue“.

Und so liefen wir dann von Verpflegungsstelle zu Verpflegungsstelle. Wir warteten immer brav, bis der andere fertig getrunken hatte und liefen dann langsam wieder weiter bis zur nächsten Verpflegungsstelle. Zwischendurch unterhielten wir uns, er hieß Patryk Wozniak Startnummer 273, kam aus Polen, war in meinem Alter und es war auch seine Mitteldistanz, die ähnlich wie bei mir deutlich bescheidener lief als die Erste. Wir trafen Laura, Tanja und Gundula zwei Mal pro Laufstrecke. Einmal liefen wir unter der Brücke durch, wo die drei standen und einmal liefen wir oben an ihnen vorbei und beim ersten gemeinsamen Unter-der-Brücke-laufen rief ich ganz freudig hoch „ich bin nicht allein“. Und ich war wirklich unglaublich froh, nicht allein sein zu müssen.

Wie man sich zwischendrin unterhalten kann, fragt ihr euch vielleicht? Naja, das Tempo war so langsam, das war von der Herz-Kreislaufbelastung her sehr niedrig, also war die Atmung an sich relativ flach, nachdem ich angefangen hatte, Unmengen an Cola in mich reinzuschütten. Das bedeutet, dass ich alle 2 Kilometer 2-3 große volle Becher trank, welche dafür sorgten, dass mein Blutzuckerspiegel wohl durch die Decke ging und ich wieder Energie hatte. Nur war ich aber gleichzeitig mental richtig gefangen in einer blöden Situation. Ich wusste schon ab Cola Nr. 1, dass ich ab jetzt immer Cola trinken muss und ja keine auslassen darf, weil ich sonst komplett einbreche, da bei fehlender Cola mein Blutzuckerspiegel komplett abstürzt. Ich wusste aber auch, dass es einfach unfassbar dumm ist, diese Unmengen an Trinken in mich reinzukippen, ein halber Becher Cola alle 2km hätte es definitiv auch getan. Aber ich hatte einfach so schrecklich Durst und konnte nicht aufhören zu trinken, ich wollte, nein ich musste etwas Kaltes in meinem Mund haben. Das wurde auch nicht besser, obwohl ich durchgehend beim Laufen extrem starke Magenkrämpfe und Bauchschmerzen hatte, die mit mehr Trinken immer schlimmer wurden. Durch Aufstoßen die Kohlensäure loswerden funktionierte leider auch nicht, da kam nämlich nur noch Flüssigkeit hoch, so randvoll war ich.

Dann kam Kilometer 19,5, wir hatten es tatsächlich schon auf die letzte Hälfte der letzten Runde geschafft, nur noch 1,5 Kilometer laufen. Patryk verabschiedete sich von mir, er wollte sich noch von seinen Freunden an der Strecke verabschieden, bevor er ins Ziel lief und so machte ich mich weiter auf den Weg. Kurze Zeit später traf ich einen recht flotten Deutschen, an den ich mich dran hängte. Und mit Flott meine ich den Sprung von einem 5:50er Pace auf einen 4:20er Pace. Das tat so dermaßen weh, irgendwas musste ich mir wohl auf den letzten 1,5km noch beweisen. Ich fragte zum einen, ob er dieses Tempo schon durchgehend lief und er bejahte das, was ich nur mit Lob beantwortete. Wirklich starke Leistung! Und ob er Lust auf einen Zielsprint hätte, weil ich das eigentlich nicht vorhatte und er verneinte. Zum Glück, also sagte ich ihm, er könnte vorlaufen, ich lauf dann nach ihm ins Ziel und wir verabschiedeten uns kurz vor der Ziellinie mit einem Fäustchen und High Five und ich freute mich wahnsinnig auf einen entspannten Zieleinlauf, wo jeder ein schönes Foto von sich bekommen konnte.

Doch nichts da, von hinten kam einer an und wollte das Foto ruinieren. Von wegen, nicht schon wieder. Die Schmach von Karlsfeld sitzt noch tief, dort hatte auch jemand einen Zielsprint angefangen, bei dem ich dann deutlich schneller war als er. Also ließ er damals wieder ab und ich dachte, ich könnte in Karlsfeld doch entspannt ins Ziel laufen, nur damit er mich auf den letzten 20m, wo ich schon wieder normal lief, überholte. Also setzte ich auch hier in Prag an, getreu dem Motto, „nicht – schon wieder – mit mir“. Und ja, ich war schneller. Und ja, jetzt fühle ich mich ehrlich gesagt immer noch komplett schlecht, weil ich dem Matthias Wenzel Nummer 480 eigentlich gesagt hatte, wir würden keinen machen. Falls du das jemals liest, es tut mir wirklich leid!

Das Nachwort

Als wäre ich noch nicht fertig mit der Triathlon-Saison 2019, als hätte ich noch eine Rechnung offen.

So fühle ich mich gerade. Man trainiert monatelang für einen einzigen Tag und ist dann nicht in der Lage, zu zeigen, was man körperlich eigentlich leisten kann. Oder man zeigt genau das, was man – vor allem logistisch mit der Ernährung – im Stande ist zu leisten und es ist enttäuschend.

Direkt nach dem Zieleinlauf war ich nicht enttäuscht. Ich war stolz auf mich, den Halbmarathon durchgezogen zu haben, die mentale Härte gehabt zu haben, nicht schon nach dem Radfahren auszusteigen, auch wenn ich schon nach dem Radfahren wusste, dass es keine neue Bestzeit wird, dass die Laufleistung furchtbar sein wird. Und ich war irgendwie auch schon während dem Rennen irgendwie froh, dass mir die ganzen Fehler jetzt schon passiert sind und nicht erst während der ersten Langdistanz. Denn dort wäre es definitiv katastrophaler. Aber was habe ich eigentlich alles falsch gemacht, was kann ich verbessern? Und habe ich auch was richtig gemacht?

Das Rennen an sich

Die Wahl fiel auf Prag, da es eine schöne Stadt ist und eine flache Lauf- und Radstrecke hat. Oder soll ich schreiben: Hatte. Die neue Radstrecke wurde ja 2,5 Woche vor dem Rennen mit dem 2,5-fachen an Höhenmetern beglückt und so waren es statt 200-300 eben 780 Höhenmeter. Da diese gut verteilt waren, ist das in Zukunft kein absolutes Ko-Kriterium mehr. Ein Start am Nachmittag ist dafür aber als absolutes Ko-Kriterium hinzugekommen. 12:20 Uhr Start hat für mich nur Nachteile.

Das Schwimmen

Meine Ängste, dass mir Wasser ins Auge laufen würde, waren wieder einmal unberechtigt. Zusätzlich haben gleich drei Dinge wunderbar funktioniert:

  • Ich bin kontrolliert und nicht zu schnell losgeschwommen und war so zu keiner Zeit halbwegs kurzatmig im Wasser.
  • Ich habe alle 3-4 Züge nach vorne geschaut und bin so ziemlich gerade geschwommen und habe es so auch das erste Mal geschafft, trotz schlechter Sicht unter Wasser die Füße vom Vordermann zu halten und so im Wasserschatten zu schwimmen und Kraft zu sparen.
  • Das Neo-Anziehen klappt inzwischen super, vor allem hinsichtlich des korrekten Sitzes und der daraus resultierenden Arm- und damit Bewegungsfreiheit.

Und so kam ich nach genau 35 Minuten und 29 Sekunden für 1,9 Kilometer Schwimmen aus dem Wasser und habe mich damit um über 8 Minuten auf der Mitteldistanz beim Schwimmen verbessert. Und das schönste daran war, dass das Schwimmen relativ locker war, ich hätte jederzeit schneller schwimmen können und konnte auch die Lücken zum Vordermann immer wieder schnell schließen. Daumen hoch!

Das Radfahren

Ich habe lange Zeit, genauer gesagt bis zum 18.07, ein wenig Sorgen gehabt, ob mein Radtraining auch für längere Ausdauerleistung reicht. Denn bisher habe ich auf dem TT, auch bei Koppeltrainings, größtenteils 3-5 Minuten und selten mal 10 Minuten Intervalle gehabt und keine längeren Sachen mit höherer Belastung. Am 18.07 hatte ich ein Koppeltraining mit 3x15Kilometer und das lief inkl. dem Lauf danach richtig gut. Also dachte ich mir, 200-215 Watt müssten im Wettkampf schon drin sein.

Tatsächlich habe ich trotz meines Einbruchs ganze 2:10h lang auch 200 Watt NP getreten, aber es war einfach nicht das, was ich treten wollte. Klar, die Strecke war nicht super flach, mit weniger als 10hm pro Km aber auch nicht super hügelig, also eine wellige Strecke. Und so wurden es dann 90,7Km mit 780 Höhenmetern in 2:51h bzw. 31,8 km/h. Es gibt aber viel zu verbessern!

Die Verpflegung: Ich muss mir im Vorfeld klar machen, wieviel Wasser ich brauche und nicht nur die Temperatur berücksichtigen, sondern eben auch, dass es ggf. längere Anstiege ohne Fahrtwind gibt, die mehr Wärme und dadurch einen höheren Wasserbedarf bedeuten . Ich muss mir die Abläufe an den Verpflegungsstationen auf dem Rad überlegen und merken, welche Flaschen nehme ich, was mache ich mit welcher Flasche und in welcher Reihenfolge. Und auch, wie ich mein Trinksystem schnell und richtig auffülle. Ich muss mir überlegen, wie ich mich in Zukunft verpflege, mein selbstgemischtes Gelkonzentrat ist vielleicht doch nicht die beste Wahl! Sorry Aims (Qualigel). Und ich muss die Verpflegung in Koppeltrainings üben, die auch entsprechend lang genug sind, um Aussagen über die Wirksamkeit der Verpflegung zu ermöglichen.

Das Pacing: Ob meine Pacing-Strategie richtig oder falsch war, lässt sich schlecht beurteilen, da ich gar nicht so weit kam, um diese wirklich umzusetzen. Was ich jedoch kritisieren kann: Ich bin nicht gleichmäßig genug gefahren, da muss ich mehr drauf achten! Keine Wattspitzen mehr, auch wenn man sich noch gut fühlt.

Das Laufen

Ich weiß nicht, ob mein Plan von 1:45h auf den MD-Halbmarathon realistisch war, aber ich denke schon. 1:45h würde ich derzeit jederzeit auf 21km ohne sehr große Anstrengung laufen können . Klar, die Pace ist nicht locker, aber auch nicht wirklich sehr anstrengend für mich. Und wenn das dann bei der Mitteldistanz anstrengend ist, dann ist das Ok. Am Samstag bin ich den Halbmarathon in 2:06h gelaufen, also einem 6:00er Schnitt und das ist wirklich eine ganz große Enttäuschung! So langsam bin ich dieses Jahr noch nie gelaufen, nicht einmal bei den lockeren Läufen.

Ich muss ganz unbedingt lernen, den Drang zum Trinken zu kontrollieren und nicht vollkommen zu übertreiben. Statt drei Bechern hätte es wohl auch ein Becher und etwas Körperkühlung getan und vielleicht hätte ich mich dann schon bei Km 7-8 gefangen und nicht erst bei Km Gar-Nicht. Auch hier gilt es zu lernen: Verpflegung! Gut war, dass ich außer bei den Verpflegungsstellen gar nicht gegangen und immer gejoggt bin, schlecht war jedoch, dass ich bei den Verpflegungsstellen wiederrum Ewigkeiten gebraucht habe. In Summe bin ich also 8 Mal stehen geblieben und habe in Summe 07:50min mit Trinken und Kühlen verbracht.

Die letzten 1,5 Kilometer lief ich mit dem deutschen Begleiter. Die bin ich in einem 4:23min/km Pace gelaufen, war ziemlich weh tat, aber mir zeigte, dass ich doch noch irgendwie laufen kann.